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Lebensmittelverarbeitung
#1
Erst gestern Abend hatte ich im Familienkreis im Restaurant eine Diskussion rund um die Ernährung. Dazu muss mensch aber auch feststellen, dass es in meiner Familie die Konstellation etwas ungewöhnlich ist. Meine Schwiegermutter ist ein Multitalent, und das meine ich dieses Mal nicht sarkastisch. Nach ihrer Ausbildung in einem technischen Beruf, hat sie sich über den sozialen und den ernährungswissenschaftlichen Bereich bis zum Finanzbereich weiter qualifiziert. ... Und wichtig, dass alles ohne das heute angestrebte Lebenschancen-BAFöG. Aber, ich schweife leicht ab. 

Unser Thema gestern Abend waren "leere Kohlenhydrate". Kurz in die Lebensmittelchemie zurück geblickt. Als Kohlenhydrate werden in der organischen Chemie alle Verbindungen bezeichnet, die sich in ihrer Grundstruktur auf den 3-er, 4-er, 5-er oder 6-er Kohlenstoffring zurückführen lassen. Die einzelnen Ringe werden durch eine glykosidische Verbindung zusammen gehalten. Dabei stellen Kohlenhydrate etwa 2/3 der Biomasse auf unserer Erde dar. Ja nach Laune finden wir in der Natur unverbundene Ringe (Monosaccharide) zwei miteinander verbundene Ringe (Disaccharide), bis zu 10 miteinander verbundene Ringe (Oligosaccharide) und meistens noch mehr Ringe (Polysaccharide). Diese wiederum können als einfache Kette oder mehrere Ketten ungeordnet als Haufen, als Gitter oder sogar in einer viel größeren Ringstruktur vorkommen. Letzteres wird sehr gerne in der Biotechnologie verwendet, da diese Makromoleküle Cyclodextrine die Möglichkeit haben, im Ring andere Moleküle einzulagern und so als "Gefäß" zu dienen.

Warum schreibe ich das? Beim Abendessen fiel relativ schnell der Begriff "leere Kohlenhydrate". Außer bei einem Cyclodextrin ohne weitere Einlagerung, finde ich, dass der Begriff "leer" für die Faszination und die Größe dieser biochemischen Gruppe eine "diskriminierende" Bezeichnung ist. Der Begriff wird gerne in der vereinfachten Ernährungsleere - Sorry, ...lehre - verwendet. Hier werden die Kohlenhydrate nicht wie oben beschrieben eingeteilt, sondern nur in zwei Kategorien: a) komplexe Kohlenhydrate, b) einfache oder leere Kohlenhydrate. 

"Leere Kohlenhydrate führen zu einem raschen Sättigungsgefühl, was aber auch nicht sehr lange anhält." ... "Dazu gehören Fast Food, Weißbrot ... Weißer Zucker ... Kuchen ohne Kohlenhydrate, Reis, Nudeln ..." Viele leere Kohlenhydrate werden übrigens auch erst einmal industriell verarbeitet." /1/

Und genau dieses Lied musste ich mir gestern anhören. Dabei reden wir hier eigentlich von einem Kreis des Lebens, dem Zyklus von Assimilation (typisches Beispiel die Photosynthese) und die Dissimilation (z.B. der Zitronensäure-Zyklus) Ich möchte weniger die beiden Zyklen/Reaktionen erklären. Mir geht es um die absolut unsinnige Idee, dass leere Kohlenhydrate aus der Verarbeitung stammen. 

Lebensmittel haben für uns Menschen einen viel stärkeren historischen Hintergrund als die kurze Zeit, auf die wir bis zu Beginn der industriellen Revolution zurückblicken können. Die Thematik unserer Überernährung hängt aus meiner persönlichen Ansicht zwar wirklich mit der industriellen Revolution zusammen, aber nicht mit der Verarbeitung von Lebensmitteln. Wie wichtig die Verarbeitung ist, zeigt dieses Video des Lebensmittelverbands Deutschlands.

Im Gegensatz dazu, geht die internationale Diskussion einen anderen Weg. Hier werden "hochverarbeitete" Lebensmittel mit Tabakerzeugnissen gleichgesetzt und eine entsprechende Warnung gefordert. Für mich sind dies Szenarien, die ich mir so vorstelle: Im Supermarkt wird das Party-Regal (Chips, Salzstangen) aber auch Fertiggerichte in einem separaten Bereich konzipiert. Der Eingang zu diesem Bereich ist mit einem Drehkreuz gesichert, welches nur mit Hilfe einer elektronischen Alterskontrolle überwunden werden kann. In diesem Bereich sind alle Lebensmittel mit Fotos von stark übergewichtigen Personen, Fotos von blutigen Fettlebern und Beinamputationen zu sehen. ... Ist das unsere Zukunft?  

/1/keineKohlenhydrate.com; Mordhorst, Tobias. Dezember 2021
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#2
Lieber Laganon,

auf der einen Seite freue ich mich über deine wirklich sehr gut ausgearbeiteten und formulierten Beitrage, andererseits macht mir die Gestaltung eurer Gesprächsthemen am Hl. Abend etwas Angst. Man darf an Weihnachten auch mal viel Glühwein trinken, Plätzchen naschen, Unmengen an Gänsebraten, Rotkohl und Knödel in sich stopfen und das ganze mit kiloweise leeren Kohlehydraten abrunden.
Wie heißte es doch: "Mensch nimmt nicht zwischen Weihnachten und Neujahr zu sondern zwischen Neujahr und Weihnachten" - und ich weiß wovon ich rede. Und nein ich möchte kein Foto von mir auf einer Chipstüte sehen.

In diesem Sinne wünsche ich Dir und allen Forumsbesuchern einen guten Rutsch in ein besseres Jahr 2022. Mögen die guten Tage im Jahr 2021 die schlechten im Jahr 2022 sein.

Viele Grüße
Michael Bäuml
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