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Tierschutz
#2
Der gestrige Video-Beitrag (Quelle: tagesschau 02.03.2021) hat mich aufhorchen lassen. Steht kurz vor dem Ende der aktuellen Legislaturperiode doch eine gesellschaftskritische Diskussion für den Umgang mit der Nutztierhaltung an? Es wäre ja mal wirklich eine gute Sache, in einem breiten, gesellschaftlichen Kontext über Nutztierhaltung in der industriellen, sozialen Marktwirtschaft zu diskutieren. (Anmerkung: Diskutieren, nicht streiten). Ausgelöst hat diesen oben genannten Beitrag eine 276-ig-seitige Machbarkeitsanalyse, welche die Empfehlungen des vom BMEL 2019 gegründete Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung aus rechtlicher Sicht beleuchtet.
 
Das Kompetenznetzwerk hat in ihrer Studie das Problem durch die Zielbeschreibung aus meiner Sicht eigentlich gut umrissen:
"Eine erfolgreiche Nutztierhaltung ist auf eine breite gesellschaftliche Akzeptanz zwingend angewiesen. Da ... die Nutztierhaltung in Deutschland eine nachhaltige wirtschaftliche Perspektive haben sollte, wird ein gesellschaftlicher Konsens für eine verbindliche Umorientierung in Richtung auf eine substantielle Erhöhung des Tierwohlniveaus bei möglichst geringen Umweltwirkungen für unumgänglich gehalten" 

Daraus ergeben sich folgende kurz- und mittelfristige Ziele (Seite 12 des Dokuments):
Schritt 1: "freiwilligen, staatlichen Tierwohlkennzeichnung" (drei Stufen der Haltungsform),
Schritt 2: "verpflichtenden Tierwohlkennzeichnung" (wie bei 1),
Schritt 3: Erhöhung des Anteils der tierischen Erzeugung in den oberen Stufen durch "Förderpolitik und Bewerbung von Label/Kennzeichnung"
Schritt 4: gesetzlicher Regelungen, welche die mittlere Stufe als Standard definiert

In der am Montag veröffentlichten Studie werden nur die Möglichkeiten der Finanzierung der Förderung rechtlich bewertet.

Dennoch haben mich beide Dokumente zum Nachdenken angeregt. Aus dem Unterricht meiner Schulzeit habe ich noch folgende Informationen mitgenommen:
1.) In der klassischen Marktwirtschaft ergibt sich der Produktionspreis einer Ware, also auch eines tierischen Lebensmittel durch die Summanden angewandtes Kapital und gewünschter Mehrwert bezogen auf die produzierte Menge. Leider berücksichtigt der Summand angewandtes Kapital nur die Kosten, die bei der Produktion direkt aufgewendet werden müssen, also die klassischen variablen und fixen Kosten.
Problem 1: Meiner Meinung nach haben wir hier das erste Problem unserer Preisgestaltung. Die durchaus berechenbaren Kosten für die Wiederherstellung der verbrauchten Ressourcen fließen in das angewandten Kapital oft gar nicht mit ein und müssen dadurch durch die nachfolgenden Generationen aus der Gemeinschaftskasse getragen werden. 
Frage 1: Handelt es sich denn dann oben wirklich um eine Förderung? Oder ist es nicht viel eher eine kleine Reparationsleistung?

2.) Für die Lebensmittel viel wichtiger ist der zweite Effekt. Der Endverbraucher bezahlt in der freien Marktwirtschaft gar nicht den oben beschriebenen Produktionspreis, sondern den Marktpreis. Dieser bezieht sich zwar auf den durchschnittlichen Produktionspreis, welcher aber mit dem Verhältnis-Faktor Nachfrage zu Angebot kombiniert ist. Also: Wird weniger Ware nachgefragt als angeboten, liegt dieser Faktor unter 1. Der Marktpreis liegt damit unter dem Produktionspreis. 
Begründung des Faktors: Der Energiegehalt aller produzierten Lebensmittel weltweit liegt um 1/3 höher als der Energiebedarf der Weltbevölkerung /3/. Was dies für den Angebotsüberhang in der ersten Welt bedeutet, kann ich an dieser Stelle nur erahnen.
Problem 2: Wenn der Zielfaktor nahe 1 liegen sollte, müsste nun entweder der durchschnittliche Marktpreis erhöht oder der durchschnittliche Produktionspreis weiter gesenkt werden.
Frage 2: Was denkt ihr, bei welchem der beiden Preise sollte angesetzt werden und wird derzeit angesetzt?

/1/ (Quelle: BMEL: Machbarkeitsstudie zur rechtlichen und förderpolitischen Begleitung einer langfristigen Transformation der deutschen Nutztierhaltung; 01. März 2021)
/2/ (Quelle: BMEL: Empfehlung des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, 11.02.2020)
/3/ Impulsvortrag im Rahmen der GFFA, Berlin 2020.

Ergänzung am 05. Mai 2021: Eine Zusammenfassung der vorgeschlagenen Finanzierungsmodelle steht nun auch auf der Internetseite des Ministeriums vor und ist auch hier im Artikel beigelegt.


Angehängte Dateien
.pdf   machbarkeitsstudie-borchert-tabelle.pdf (Größe: 151,85 KB / Downloads: 0)
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