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HACCP, das war einmal
#1
Hallo zusammen,

es gibt was neues zum Thema HACCP.
Der Food Safety Modernization Act (FSMA) hat ein neues US amerikanisches Gesetz zur Modernisierung der Lebensmittelsicherheit auf den Weg gebracht. Das HARPC (Hazard Analysis and Risk based Preventive Controls). Damit scheint HACCP abgelöst zu werden. Hat jemand schon näheres gehört??

bisdenndann

Peter
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#2
Nein, höre ich auch zum ersten Mal. Aber ich halte Ausschau bzw. melde mich gerne wenn ich etwas mitbekomme.
Aber der Codex Alimentarius wird sich damit ja nicht aufheben, und bis Europa (wenn überhaupt) nachzieht, wird noch so einige Zeit ins Land gehen.
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#3
"Hazard Analysis and Risk based Preventive Control" (Gefahrenanalyse und Risikobasierte Vorbeugungskontrolle) gilt bisher ausschließlich für Betriebe und Importeure innerhalb der bzw. in die USA - auch dort mit Ausnahmen (z. B. Primärproduktion, wie bei uns). Der Betreff "HACCP, das war einmal" ist irreführend, denn HARPC ist eine US-Vorschrift, die weiterhin auf HACCP basiert, aber die im Konzept möglichen Vermeidungsstrategien beim Dokumentieren beenden will. Konzepte und Dokumentationen werden mittels HARPC konformisiert, ähnlich wie bei uns mal in der Risikostufen-Diskussion angedacht. In der betrieblichen Praxis würde das u. a. bedeuten, dass zusammengefasste Dokumtentationen, z. B. bei Reinigungskontrollen, nicht mehr möglich sind.
 
Saftschubses Einschätzung, dass der Codex Alimentarius weiterhin gelten wird, teile ich ebenso, wie ihren Hinweis, dass die EU nicht so schnell mit einer Änderung der entsprechenden VO´s sein wird, aaaaaber die Hintertürchen heißen TTIP und CETA! Wir müssen daher bei der Änderung von Lebensmittelsicherheitsstandards und -konzepten die Diskussion um TTIP unbedingt genauer verfolgen.
Das EU-Parlament wird sich in dem Augenblick auf die Handelsvereinbarungen mit den USA und Kanada einlassen, in dem die bisher von den USA geforderten "unabhängigen" Schiedsgerichte aus der Diskussion genommen werden, weil diese nicht EU- bzw. verfassungskonform sind. Man wird stattdessen die ordentlichen Gerichte der Mitgliedsstaaten einsetzen und dann wird TTIP verabschiedet (so Sigmar Gabriel, SPD).

Ist TTIP auf diesem Wege also erst einmal beschlossen, werden die USA auf einer Ausweitung nicht nur ihrer Exportansprüche, sondern auch der Geltungsansprüche für US-Recht beharren. Dass wir dann nicht mehr nur eine "Chlorhuhn-Debatte" führen werden, ist vorauszusehen und sollte alle politischen, gesellschaftlichen und fachlichen Gremien auf den Plan rufen, denn auch die Landwirte sehen enorme Nachteile für sich und für die Verbraucher. Der Tierschutz stimmt ihnen da ausnahmsweise mal zu. Meine Prognose ist: Wir werden in einem weit größeren Maßstab verwertbare Lebensmittel "entsorgen", als ohnehin schon und die LM-Preise, sowie die Importraten werden dadurch zu Ungunsten armer Staaten unter Druck geraten. TTIP im Lebensmittel-Sektor scheint zwar in der von den USA gewünschten Form noch nicht umsetzbar, aber wird bei Einführung unmittelbar die Rechtsprechung der Mitgliedssaaten betreffen und dann sind wir sofort von HARPC betroffen, selbst wenn der Lebensmittelsektor aus TTIP herausgenommen werden sollte, was ich persönlich für sehr sinnvoll halte.

Die aktuellen Infos des EU-Parlamentariers Häusling zur TTIP-Thematik stehen interessierten Fachkreis-Mitgliedern zur Verfügung und sollten aufmerksame Beachtung finden. Bisher liegt noch keine Übersetzung der HARPC ins Deutsche vor (das wäre vielleicht ein Job für unsere Dolmetsch-Spezialisten), aber ihr könnt selbst auf der Seite http://www.harpc.com nachschauen.
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#4
Guten Morgen,

TTIP ist sicherlich sehr umstritten und sehr komplex. Dennoch gilt es hier zu differenzieren. Es handelt sich um ein Freihandelsabkommen. Ein ähnliches System haben wir bereits in der EWG. Grundsatz ist: Was in einem Land rechtskonform produziert wurde, darf in den anderen Ländern nicht eingeschränkt werden, auch wenn es hier nicht rechtskonform ist. Das bedeutet aber nicht, das die Gesetze des ersten Landes automatisch im zweiten Land gelten. Im Lebensmittelbereich haben wir mit TTIP als Endverbraucher deshalb so viel Schwierigkeiten, weil wir mit verschiedenen Regelungen unseren Markt abgeschottet haben. Dies gilt insbesondere für tierische Lebensmittel. Für uns in Deutschland ist das Chlorhühnchen so ein typisches emotionales Thema. Nach Spanien fahren wir aber auch, und dort stört es uns nicht, wenn wir chloriertes Trinkwasser zu uns nehmen. Wenn wir Mozarella kaufen, stört es uns auch nicht, wenn in der Lake Chlor aus dem Trinkwasser enthalten ist. In Hallen- und Freibädern haben wir keine Bedenken, was Chlor betrifft. Aber bei Geflügel reagieren wir emotional.
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#5
Hallo zusammen,

das ist ja schon sehr heiß diskutiert hier Wink 

Mal abgesehen von TTIP und HARPC wollte ich mal zu den Chlorhühnchen was anmerken.
Es ist zwar richtig, dass in anderen Ländern Chlor dem Trinkwasser zugesetzt wird und es trotztdem Trinkwasser bleibt, aber bei den sog. Chlorhühnchen werden diese ja extra mit Chlor behandelt, um Keime abzutöten - und in meinen Augen ist das der springende Punkt, weshalb diese so behandelten Geflügel von den meisten Verbrauchern abgelehnt werden. Ähnlich dürfte es sich mit bestrahlten Gewürzen verhalten, aber das ist sicherlich nochmal eine ganz besondere Debatte wert...

Ich wünsche euch allen ein sonniges Wochenende! Cool 

Gruß
etolit_hyiene
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#6
Soweit, so technokratisch, denn niemand geht ins Hallen- oder Freibad, um seinen Durst zu löschen! Es geht mir auch nicht um Chorhühnchen, sondern um die mögliche Aushebelung von Recht und Gesetz durch Institutionen ausserhalb der Justiz und um die Aussetzung bzw. Abschaffung von Verbraucherrechten, denn ich möchte selbst entscheiden können, ob ich hochgradig gechlortes Wasser, resp. gechlorte Tierleichen zu mir nehmen will. Mir ist jegliche Entscheidungsfreiheit genommen, wenn mir vorgeschrieben wird, dass ich alles zu akzeptieren habe, was mir irgendein dahergelaufenes Schlichter-Trio aus Gewinnmaximierungsgründen sagt!
Und wo das Vertrauen in die Lebensmittelbranche liegt, wissen wir alle - am Boden! Nein, eigentlich eher unterirdisch, weil wir es als "Macher" oft genug selbst aushebeln.

Im Bezug auf die Primärproduktion wird es bei TTIP u. a. um den Umgang mit Böden und Wasser gehen, um die Zucht von Saatgut und Tieren mittels Gentechnik, die dann kreuzweise andere Pflanzenkulturen oder Tiere kontaminiert (Bio können wir uns mit Gentechnik abschminken - Bienen können nicht lesen!). Und es geht um Wettbewerbsvorteile der USA in Fragen der Tierhaltung und der Erntetechniken, die vielleicht in monokulturellen Landschaften (ich denke da u. a. an die Magdeburger Börde) nichts und niemanden mehr erschüttern, aber in anderen Gegenden zu massiven Veränderungen führen werden. TTIP passt derzeit sicher zur Anpassung von Schrauben, aber nicht zu Lebensmitteln und deren Produktionskette, das ist bei vielen Fachleuten unstrittig.

Ob uns HARPC dabei weiterhilft, wird sich erst in der Praxis zeigen können, wenn wir wissen, was genau dahinter steht und ob das praktikabel ist. Bereits durch HACCP finden massive Veränderungen z. B. im Wettbewerb und beim Abfallaufkommen statt. HARPC könnte die Situation auf anderen Gebieten z. B. beim Preisgefüge oder im Beschäftigungssektor verändern - irgendwer muss die Kosten für umfangreichere Dokumentationen zahlen, sei es an der Kasse, in der Lohntüte oder in den Arbeitsbedingungen.
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