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Obwohl ich manchmal noch das Gefühl habe, ich müsste allen ein Gesundes Neues Jahr wünschen, ist nun auch unser zweiter Hygienestammtisch dieses Jahres vorbei. In geselliger Runde haben wir uns dem Thema der Arbeitskleidung in Lebensmittelbetrieben gewidmet. Grundlage der Diskussionen stellte die zwölfte Version der DIN-Norm 10524:2019 dar. Diese Norm beschreibt den aktuellen Stand für Arbeitsbekleidung in Lebensmittelbetrieben und wird daher auch von einigen überwachenden Behörden als Grundlage für die Bewertung von Situationen vor Ort herangezogen.
Sehr intensiv wurde am Stammtisch das Thema Wiederaufbereitung diskutiert. Derzeit in der Lebensmittelwirtschaft üblich sind drei Varianten der Wiederaufbereitung:
a) Einige Betriebe gestatten, dass ihre Mitarbeiter die Kleidung mit nach Hause nehmen können und sie dort waschen. Ein Punkt, der auch in vielen IFS-Betrieben, insbesondere in Betrieben die nur mit Lebensmitteln umgehen, die ein geringes Lebensmittelsicherheitsrisiko in sich tragen, gehandhabt wird.
b) Eine zweite Möglichkeit stellt das Waschen der Arbeitskleidung im eigenen Unternehmen dar. Dies wird von viele kleineren Betriebe bevorzugt.
c) Die dritte Variante ist das Waschen der Hygienekleidung über einen externen Dienstleister, wobei hier meist das Modell der Mietkleidung angewendet wird. Der Dienstleister stellt also die Garnituren nach Wunsch zur Verfügung, sie bleiben aber im Eigentum des Dienstleisters und der Lebensmittelbetrieb entrichtet an den Dienstleister eine monatliche Miete. Da hier Fixkosten wie zum Beispiel Einrichtungen für das Bereitstellen der sauberen Wäsche und für das Sammeln der schmutzigen Wäsche im Unternehmen sowie der Transport abfallen, lohnt sich diese Variante in der Regel erst ab einer etwas größeren Mitarbeiteranzahl.
In der DIN-Norm werden für die Anforderungen an die Hygienekleidung drei Risikoklassen definiert:
Die RK 1 mit dem geringsten Risiko wird angewendet, wenn die Mitarbeiter mit
a) nicht leicht verderblichen Lebensmitteln oder
b) verpackten Lebensmitteln umgehen
Der Umgang mit unverpackten, leicht verderblichen Lebensmitteln (i.R. kühlpflichtige Lebensmittel) wird in die Risikoklasse 2 mit einem hohen Risiko eingruppiert.
Die Risikoklasse 3 umfasst "Umgang mit unverpackten verzehrfertigen, sehr leicht verderblichen Lebensmitteln".
Schon die Eingruppierung einer Tätigkeit klassischen Tätigkeit wie der Verkauf von Lebensmittel in einer der vielen Filialen einer regionalen Bäckerei stellt die Teilnehmer des Hygienestammtisches vor eine Herausforderung.
Die erste Produktgruppe, die in diesem Beispiel herausgenommen wurde, waren die einfachen Brötchen, Semmeln oder Schrippen. Alle waren sich einig, dass es sich hierbei nicht um "leicht" oder "sehr leicht verderbliche Lebensmittel" handelt. Die Eingruppierung nach RK 1 wäre naheliegend. Doch schnell kam der Einwand, dass Brötchen unverpackt sind und als verzehrsfertig gelten. Dies würde nun aber für die Risikoklasse 3 sprechen.
Schon an diesem Beispiel lasst sich sehen, wie schwierig die Interpretation dieser Norm in der Praxis umzusetzen ist. Und dabei wurde die weiteren Beispiele wie die Bäckersnacks und Konditoreiware mit Sahne (beides kühlpflichtig) nur angerissen und nicht bis in die Tiefe erläutert ... Nur einmal als Gedanke. Für die Risikoklasse 3 würde gelten:
- Verschmutzungen müssen visuell leicht erkennbar sein (i.R. keine farbige, mindestens aber einfarbige helle Kleidung)
- keine Außentaschen
- industriell waschbar und desinfizierbar (also mindestens für eine chemische Reinigung geeignet sein)
- Trennung der Spinde um einen Kontakt mit Privatkleidung zu vermeiden, usw.
Nun schweift einmal in Gedanken zum letzten Backshop, in dem es auch Gehacktesbrötchen mit Zwiebeln gibt und überlegt, was der Mitarbeiter dort anhatte.
Ein sehr intensiver Diskussionspunkt war die Wiederaufbereitung. In der DIN-Norm ist für alle drei Risikoklassen ein Waschen im Privathaushalt als hygienisch nicht zu vertreten beschrieben. Damit würde die oben beschriebene Variante A für alle Lebensmittelbetriebe entfallen. Aber auch die Nutzung von Haushaltsgeräten zum Waschen im Betrieb müsste unter diesem Gesichtspunkt diskutiert werden. ... Angemerkt wurde in diesem Zusammenhang auch, dass bei der mikrobiellen Beprobung der Kleidung durch die Unternehmen eine Probemenge von 10 Proben/Test festgelegt wurde (9 von 10 Proben müssen weniger als 5 KBE/10 qcm aufweisen). Also die doch bei vielen Unternehmen übliche Methodik des Abklatschens von einem Kleidungsstück würde nicht ausreichen.
Und nun der kleine Ausblick auf die nächsten Hygiene-Stammtische:
07. März ... Vorstellung der neuen Internetseite
04. April ... Umverteilen von Lebensmitteln / gesetzliche Regeln für die Lebensmittelrettung
02. Mai ... Lebensmittelsicherheitskultur