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Wie weit geht Gesundheitsfürsorge in der Produktion?
#1
Moin,
im Prinzip brennen mir so einige Themen unter den Nägeln, aber das hier hat gerade Vorrang: Ein Mitarbeiter hat Diabetes. An sich nicht schlimm, haben so einige.
Nun hat der Mitarbeiter unseren BR-Vorsitzenden getroffen und der wiederum hat ihm nun gestattet eine Scheibe Brot mit an seinen Arbeitsplatz in der Produktion mitzunehmen. So als erste Hilfe für den Fall der Fälle.
Da war ich (QM) etwas platt, schon allein weil es mir nur von Dritten zugetragen wurde. Wie weit geht die Geunsdheitsfürsorge gegenüber den Mitarbeitern? Überspitzt gefragt: Der nächste ist bestätigter Alkoholiker und braucht dann seine Getränke am Ort? Der MA hantiert mit offenen Rohstoffen der Risikoklasse 3 (Höchstes Hygienerisiko), sein Arbeitsbereich ist weit ab von irgendelchen Aufenthaltsräumen.
Grundsätzlich haben wir ein Verzehrverbot aller Lebensmittel außerhalb der Pausenräume und ebenso ein Verbot von Privatgegenständen am Arbeitsplatz. ICh bin da etwas überfragt wie weit die Befugnisse des BR in diesen Dingen gehen und welche Pflichten wir da für den Schutz der Geusndheit des MA haben. Ist dann nicht eher ein Arbeitsplatzwechsel angeraten, bei dem er weniger Risiko für das Lebensmittel darstellt und auch selbst sicherer ist?

Bin da offen für ganz viel Input bevor ich mich da zu sehr reinsteigere.

Viele Grüße und noch eine schöne Restwoche.
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#2
Ich würde das Risiko mal reel betrachten. Immer Mensch bleiben. Ist das wirklich so wahrscheinlich, dass deine Rohstoffe bedroht sind?
Kann man das irgendwie womöglich minimieren? (Behälter etc.)

Mensch bleiben!
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#3
Moin
Prinzipiell kein Thema. Ich bin der letzte, der hier irgendwem nötige Hilfe nicht zuteilwerden lässt. Wenn es medizinisch so furchtbar notwendig ist, wäre es auch kein Problem. Aber wo zieht man eine Grenze? Darf der BR-Vorsitzende jetzt eigenmächtig irgendwelche Einzel-Befugnisse erlassen? Was ist wirklich notwendig und was nicht? Wenn der MA tatsächlich fürchten muss jeden Moment einen Anfall zu bekommen, darf man ihn dann überhaupt irgendwas arbeiten lassen? Zumal er auch noch raucht wie ein Schornstein.
Vor dem Hintergrund irgendwelcher Zertifizierungen und externer Auditierungen muss dann auch geklärt werden, wie der MA dann sein Brot durch die Produktion bringt und wo das dann die Arbeitszeit über gelagert wird und vielleicht noch eine Ess-Ecke einrichten für die Brotpause. Und hat er auch tatsächlich Diabetes oder einfach nur Hunger, weil er vor der Arbeit nicht Frühstückt? (gesundheitsbezogene Daten, wieder überspitzt). Die Menschlichkeit darf für mich nicht überzogen werden, sonst wird es irgendwann eine sehr einseitige und falsch-ausgerichtete Beziehung.
Ein weites Feld.

Beste Grüße aus dem Norden.
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#4
Guten Abend, 

Das ist natürlich immer eine komplizierte Sache mit dem Betriebsrat. Meines Wissens ist aber Dein Betriebsrat deutlich über das Ziel hinausgeschossen. Was der Betriebsrat darf und was nicht, ist im BetrVG geregelt. Grundgedanke ist, dass der Betriebsrat die Interessen des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Wohlgemerkt, "die Interessen vertritt", nicht "die Interessen umsetzt". Für deine Situation bedeutet dies, der BR-Vorsitzende kann in seiner Funktion als selbiger zum Lebensmittelunternehmer gehen, und die Scheibe Brot als Notration verlangen, aber die Entscheidung liegt beim Lebensmittelunternehmer. (§85 "Der Betriebsrat hat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen und, ..., beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken.") 

In einer Bäckerei hätte der Lebensmittelunternehmer schon wenig Chancen, diese Scheibe Brot zu verbieten, denn im BetrVG steht auch: "Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass ... jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ... ihrer Behinderung ... unterbleibt." Aber das gilt eben nur, wenn es keinen nachvollziehbaren Grund gegen die Scheibe Brot gibt. Diesen gibt es aber bei Dir. Da alle gängigen GFSI-Standards dies nicht gestatten, diese Standards aber zur Erfüllung von Kundenanforderungen implementiert werden müssen, hat Dein BR-Vorsitzender sogar gegen seine BR-Verpflichtungen verstoßen. § 2 regelt nämlich auch, dass Arbeitgeber und Betriebsrat vertrauensvoll zusammenarbeiten zum Wohle der Arbeitnehmer. Die oben genannte Situation kann in einem Audit zu einem Major und damit zum Zertifikatsverlust führen. Dieses ist oft mit Umsatz- und Auftragsverlust verbunden. Wenn sich der BR-Vorsitzende diesem Risiko bei der Entscheidung bewusst war, ... nennt mensch das im allgemeinen Sprachgebrauch "Sabotage".

Wir wollen aber einmal nicht Schwarz malen und einfach mal einen Kompromiss suchen: Die oben beschriebene Situation könnte zwei Ursachen haben:
1.) die regelmäßige Nahrungsaufnahme oder 
2.) die "Notfallration" bei Unterzuckerung.
Für den ersten Fall solltet ihr vielleicht über zusätzliche, feste, kurze Pausen nachdenken. In diesem Fall kann der Mitarbeiter seine Stulle nämlich auch im Sozialbereich essen. Im zweiten Fall tut es aber auch Traubenzucker in einer geschlossenen Box "Name + Notfallmedikament" auf die Box und einen festen Punkt im Arbeitsbereich festlegen, meist sinnvoll der Erste-Hilfe-Schrank.   

So, ich hoffe, wir konnten Dir helfen. Icon_smile
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