Registriert seit: Jan 2008
Hallo zusammen,
mal eine kleine Frage zum Thema "Arbeitskleidung".
Ausgangssituation: ein Lebensmittelproduktionsbetrieb, mit allem was dazugehört ... bis hin zur Zertifizierung ... und eigenem Hygienebeauftragten.
Ich komme als Schädlingsbekämpfer dahin, bestätige schriftlich eine Kurzeinweisung zum Thema Hygiene im Betrieb und kann dann in meiner (!) Arbeitskleidung, ohne zusätzliche Kittel, Jacke, o.ä., nur mit einer Kopfbedeckung in die Produktionsräume. Auch andere Handwerker waren mit ölverschmiertem Blaumann dort in Arbeit. Ich habe mich darauf mit dem Hygienebeauftragten darüber unterhalten und bekam als Antwort, sinngemäß: wenn Kleidung als Arbeitskleidung zu erkennen ist, ist das ok. Bei Strassenkleidung sieht das anders aus. Da muss ein zusätzlicher Kittel oder Jacke getragen werden, die auch zur Verfügung gestellt werden.
Heißt das jetzt Arbeitskleidung gleich Arbeitskleidung, egal aus welchem Bereich?? Z.B. ein Kanalfacharbeiter kann mit seiner Arbeitskleidung plus aufgelegtem Deo in die Produktion????
Die Antwort war ein Schulterzucken.
Das kann das ganze doch wohl nicht sein.
Wie seht ihr das?
Peter
Registriert seit: Jan 2008
Es handelt sich um offene Lebensmittel.
Das mit dem Kanalfacharbeiter ist nur ein Beispiel, der wird dort freiwillig nicht auftauchen.
Die Situation kann ich aber auf mich selber übertragen. Als Schädlingsbekämpfer "kommt man ja rum", die Einsatzbereiche sind vielfältig. Bisher habe ich es auch geschaft meine Arbeit und die meiner Mitarbeiterin entsprechend einzuplanen/ einzuteilen, dass zB nach einem Besuch auf einem Bauernhof mit Schweinestall, nicht gleich der nächste LM Betrieb betreut wird. Für uns ist es kein Problem einen Kittel überzuziehen, brauchen wir hier aber nicht.
Für mich ist es natürlich klar und auch selbstverständlich, mit sauberer Arbeitskleidung beim Kunden aufzulaufen. Mich wundert nur der ganze Widerspruch: in der Theorie hat Hygiene oberste Priorität - und dann wird in der Praxis ganz salopp darüber hinweggesehen.
Peter
Registriert seit: Sep 2000
Hallo Peter,
DU hast den Nagel auf den Kopf getroffen. "Theorie und Praxis"!!!
Natürlich sollte man tunlichst unterschiede machen zwischen der Art der Arbeitskleidung, bei offener Produktion erst recht. Um eine nachteilige beeinflussung des Lebensmittels in der Produktion zu vermeiden sollte man ,denke ich, egal welche Handwerkerbranche zusätzlich Schutzkleidung tragen. Die Mitarbeiter aus dem Betrieb dürfen ja auch nicht mit ihrer normale Kleidung in die Produktion, die Handwerker laufen mit (Ihrer) Schutzkleidung von Kunde zu Kunde, selbst Betriebseigene laufen über den Betriebshof und holen sich alles aus der Umwelt an die Kleidung, was nicht's in der LM-Produktion zu suchen hat.
Schutzkleidung im LM-Bereich ist ein gesonderter Schutz über der normalen Kleidung (Einmalanzug, Schutzkittel, etc.)
Große Handwerkertätigkeiten wie z. B. Schweißarbeiten usw. werden eh meißt in die produktionsfreie Zeit verlegt, oder aber der Betrieb wird solange eingestellt. Habe selber einige große LM-Produktionsbetriebe als Kunde bei denen es so gemacht wird, allerdings teilweise auch erst nach intensiver Hygieneschulung der Führungskräfte bzw. Geschäftsführung.
Aber da sind wir ja wieder bei "Theorie und Praxis", Zeit ist Geld und da vergißt man schon mal öfter ausversehen die ein oder andere Richtlinie.
(Wird schon gut gehen) Mir tun dann immer nur die verantwortlichen Leid, die im Schadensfall den Kopf dafür hinhalten müssen obwohl sie vorher immer wieder darauf hingewiesen haben!(QS, HS...)
Gruß
Lothar
Registriert seit: Sep 2007
Hallo Zusammen,
ich denke, dass hier 2 unterschiedliche Sach- und Rechtsgebiete in den gleichen Topf geschmissen werden.
Die Vorschriften aus der 852 über Arbeitskleidung und erforderlichenfalls Schutzkleidung gelten „nur“ für die Personen die in Bereichen arbeiten in denen mit LM umgegangen wird.
Das es sich bei 852 um eine lebensmittel- bzw. lebensmittelhygienerechtliche Vorschrift für „Lebensmittelbetriebe“ handelt, kann die Anforderung an die persönliche Hygiene aus Kapitel VIII nicht auf betriebsfremde Personen übertragen werden.
Nicht desto trotz haben sich natürlich auch betriebsfremde Personen an hygienische Auflagen bzw. Vorgaben zu halten. Aber nicht, weil dies so in der 852 geregelt ist, die ja hier nicht greift, sondern weil es in der LMHV den Passus über nachteilige Beeinflussung von LM (§ 2 und 3) gibt.
Wenn also Handwerker oder andere Personen in einem „Bereich in dem mit Lebensmitteln umgegangen wird“ (natürlich nur während des Umganges mit LM, also während zum Beispiel produziert wird) arbeiten (Ihren Beruf oder die beauftragte Tätigkeit ausführen), dann hat der „Lebensmittelunternehmer“ der den Handwerker beauftragt hat, dafür Sorge zu tragen, dass weder von ihm selbst, noch von seiner Tätigkeit, oder seiner Kleidung, oder seinem Werkzeug usw. eine solche nachteilige Beeinflussung ausgeht.
Oder anders herum: Wenn der „Handwerker“ nicht während der Produktion arbeitet, dann braucht es auch keine „besonderen“ Schutzmaßnahmen. Werden aber während des Umganges mit Lebensmitteln gleichzeitig auch „Handwerkerarbeiten“ ausgeführt, dann sind logischerweise auch entsprechende Sicherungs- und Schutzaspekte anzustellen.
Gleiches gilt natürlich auch für betriebseigenes Personal (wer immer das auch ist), dass aber nicht in den Bereichen, in denen mit LM umgegangen wird, arbeitet.
Auch hier wird 852 Kap. VIII nicht greifen. Wohl aber § 2 und 3 LMHV.
Im Grunde läuft es, wie so vieles andere auch, auf Gefahrenanalyse, Risikobewertung und Beherrschung der Situation hinaus.
Saftschubse hat das m. M nach völlig richtig erkannt.
Unterm Strich ändert sich zwar nichts in der Folge bzw. Auflage für alle „PERSONEN“ allerdings stellt es 2 unterschiedliche Rechtsfolgen dar.
Zum ersten, sind Verstöße gegen 852 Anhang II Kapitel VIII (persönliche Hygiene) nicht bußgeldbewährt (vergl. hierzu Lebensmittelrechtliche Straf- und Bußgeldverordnung). Eigentlich können solche Zuwiderhandlungen gar nicht, oder zumindest nicht „direkt“ geahndet werden.
Anders verhält es sich aber mit einem Verstoß gegen § 3 LMHV. Hier liegt definitiv eine Ordnungswidrigkeit (§ 10) vor, die gem. § 60 ff LFGB geahndet werden kann.
Aber wie hier schon gesagt wurde – Theorie und Praxis. Was für den Einen „selbstverständlich“ ist wird von einem Anderen „nicht verstanden“. Aber für Beide sollte es nicht „unverstanden“ bzw. mißverständlich sein.
Grüße,
Winghalm
Das wichtige Wissen, ist zu wissen, was wichtig ist (Andreas Tenzer *1954 - Deutscher Philosoph)