21.08.2019, 13:35
Neue Entscheidung des OVG NRW zu § 40 Abs. 1a LFGB
Von CIBUS • 22. Januar 2019
Das OVG NRW hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 15.01.2019, Az. 13 B 1587/18, hier abrufbar) mit der Frage der Verhältnismäßigkeit einer Veröffentlichung auf der Grundlage von § 40 Abs. 1a LFGB vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 21.03.2018 auseinandergesetzt.
Konkret ging es um die von der zuständigen Behörde auf der Internetplattform „lebensmitteltransparenz.nrw.de“ beabsichtigte Veröffentlichung einer Überschreitung von gesetzlichen Höchstmengen. Das OVG stellt zunächst klar, dass die Frage der Veröffentlichungsdauer derartiger Einträge einer einzelfallbezogenen Befristungsentscheidung der zuständigen Behörde bedarf. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht eine Löschungsfrist von 12 Monaten als angemessen angesehen. Damit habe es aber lediglich zum Ausdruck gebracht, dass eine 12 Monate überschreitende Veröffentlichungsdauer nicht in Betracht kommt, aber nicht erklärt, dass jede diesen zeitlichen Rahmen einhaltende Veröffentlichungsdauer auch in jedem Einzelfall angemessen ist.
Des Weiteren hat das OVG auch der von der Behörde vorgesehenen Angabe „Hersteller/Importeur/Inverkehrbringer/Verantwortlicher für die Kennzeichnung“ im Zusammenhang mit der Nennung des betroffenen Unternehmens eine Absage erteilt. Denn eine solche Formulierung lasse keinen Rückschluss darauf zu, in welcher dieser Rollen das in der Veröffentlichung benannte Unternehmen auf dem Markt tätig und für die veröffentlichte Höchstmengenüberschreitung verantwortlich sei. Diese Angabe ist nicht unerheblich, sondern für den Zweck der Information, die Verbraucher in die Lage zu versetzen, ihre Konsumentscheidung in Kenntnis der veröffentlichten Missstände zu treffen und ggf. vom Vertragsschluss mit dem benannten Unternehmen abzusehen, von Bedeutung. Während bei einem Erzeuger naheliegt, dass er den veröffentlichten Höchstmengenverstoß durch den Einsatz entsprechender Substanzen selbst verursacht hat, ist dem Importeur keine unmittelbare Verursachung vorzuhalten. Dabei ist die Frage nach der Rolle des Unternehmens auf dem Markt für eine Konsumentscheidung des Verbrauchers insofern von Bedeutung, als bei einem unmittelbar verantwortlichen Hersteller die größere Wahrscheinlichkeit besteht, dass auch weitere Chargen von der veröffentlichten Höchstmengenüberschreitung betroffen sein könnten. Bei einem Importeur, der typischerweise über mehrere Bezugsquellen verfügt, sei eine solche Wahrscheinlichkeit erheblich geringer.
Schließlich war die von der Behörde beabsichtigte Veröffentlichung, die eine Höchstmengenüberschreitung bei Kulturheidelbeeren betraf, auch deshalb unverhältnismäßig, weil sie außerhalb der Saison für Heidelbeeren nur noch wenig geeignet ist, die Konsumentscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen und das betroffene Unternehmen zum rechtskonformen Handeln „zu erziehen“. Da entsprechende Konsumentscheidungen des Verbrauchers für die Dauer der Veröffentlichung nicht mehr zu erwarten sind, überwiegt der drohende Reputationsverlust des betroffenen Unternehmens und damit einhergehende Umsatzeinbußen das lediglich geringe öffentliche Interesse an der Information der Öffentlichkeit.
Durch Entscheidung des OVG NRW wird klar, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur grundsätzlichen Verfassungsmäßigkeit von § 40 Abs. 1a LFGB keinen „Freifahrtschein“ für die Behörden zur Veröffentlichung jedweder Beanstandungen darstellt. Vielmehr bedarf es in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Interessenabwägung zur Gewährleistung einer verfassungskonformen Anwendung der Norm, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die mit einer Veröffentlichung von Informationen einhergehende Beeinträchtigung des Unternehmens von erheblichem Gewicht sein kann.
Redaktion: Manuel Immel
Quelle: CIBUS Rechtsanwälte
Von CIBUS • 22. Januar 2019
Das OVG NRW hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 15.01.2019, Az. 13 B 1587/18, hier abrufbar) mit der Frage der Verhältnismäßigkeit einer Veröffentlichung auf der Grundlage von § 40 Abs. 1a LFGB vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 21.03.2018 auseinandergesetzt.
Konkret ging es um die von der zuständigen Behörde auf der Internetplattform „lebensmitteltransparenz.nrw.de“ beabsichtigte Veröffentlichung einer Überschreitung von gesetzlichen Höchstmengen. Das OVG stellt zunächst klar, dass die Frage der Veröffentlichungsdauer derartiger Einträge einer einzelfallbezogenen Befristungsentscheidung der zuständigen Behörde bedarf. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht eine Löschungsfrist von 12 Monaten als angemessen angesehen. Damit habe es aber lediglich zum Ausdruck gebracht, dass eine 12 Monate überschreitende Veröffentlichungsdauer nicht in Betracht kommt, aber nicht erklärt, dass jede diesen zeitlichen Rahmen einhaltende Veröffentlichungsdauer auch in jedem Einzelfall angemessen ist.
Des Weiteren hat das OVG auch der von der Behörde vorgesehenen Angabe „Hersteller/Importeur/Inverkehrbringer/Verantwortlicher für die Kennzeichnung“ im Zusammenhang mit der Nennung des betroffenen Unternehmens eine Absage erteilt. Denn eine solche Formulierung lasse keinen Rückschluss darauf zu, in welcher dieser Rollen das in der Veröffentlichung benannte Unternehmen auf dem Markt tätig und für die veröffentlichte Höchstmengenüberschreitung verantwortlich sei. Diese Angabe ist nicht unerheblich, sondern für den Zweck der Information, die Verbraucher in die Lage zu versetzen, ihre Konsumentscheidung in Kenntnis der veröffentlichten Missstände zu treffen und ggf. vom Vertragsschluss mit dem benannten Unternehmen abzusehen, von Bedeutung. Während bei einem Erzeuger naheliegt, dass er den veröffentlichten Höchstmengenverstoß durch den Einsatz entsprechender Substanzen selbst verursacht hat, ist dem Importeur keine unmittelbare Verursachung vorzuhalten. Dabei ist die Frage nach der Rolle des Unternehmens auf dem Markt für eine Konsumentscheidung des Verbrauchers insofern von Bedeutung, als bei einem unmittelbar verantwortlichen Hersteller die größere Wahrscheinlichkeit besteht, dass auch weitere Chargen von der veröffentlichten Höchstmengenüberschreitung betroffen sein könnten. Bei einem Importeur, der typischerweise über mehrere Bezugsquellen verfügt, sei eine solche Wahrscheinlichkeit erheblich geringer.
Schließlich war die von der Behörde beabsichtigte Veröffentlichung, die eine Höchstmengenüberschreitung bei Kulturheidelbeeren betraf, auch deshalb unverhältnismäßig, weil sie außerhalb der Saison für Heidelbeeren nur noch wenig geeignet ist, die Konsumentscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen und das betroffene Unternehmen zum rechtskonformen Handeln „zu erziehen“. Da entsprechende Konsumentscheidungen des Verbrauchers für die Dauer der Veröffentlichung nicht mehr zu erwarten sind, überwiegt der drohende Reputationsverlust des betroffenen Unternehmens und damit einhergehende Umsatzeinbußen das lediglich geringe öffentliche Interesse an der Information der Öffentlichkeit.
Durch Entscheidung des OVG NRW wird klar, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur grundsätzlichen Verfassungsmäßigkeit von § 40 Abs. 1a LFGB keinen „Freifahrtschein“ für die Behörden zur Veröffentlichung jedweder Beanstandungen darstellt. Vielmehr bedarf es in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Interessenabwägung zur Gewährleistung einer verfassungskonformen Anwendung der Norm, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die mit einer Veröffentlichung von Informationen einhergehende Beeinträchtigung des Unternehmens von erheblichem Gewicht sein kann.
Redaktion: Manuel Immel
Quelle: CIBUS Rechtsanwälte