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Schiffshygienekonzept
#1
Hallo zusammen,
hier mal unsere Erfahrungen mit einem sehr komplexen Arbeitsfeld: Schiffshygiene!

In der internationalen Seeschifffahrt gibt es seit etwa hundert Jahren bereits Anforderungskataloge an die Hygiene auf Schiffen zur Eindämmung von Massenerkrankungen an Bord. Pandemien wie SARS, Vogel- und Schweinegrippe haben gezeigt, welche Probleme entstehen.

Wir wurden gefragt, ob wir ein Hygienekonzept für einen Großsegler erstellen könnten, der sich auf internationale Jugendfahrten spezialisiert hat. Hintergrund der Anfrage war zum Einen die Schädlingsprävention, die wir dort eingerichtet und mehrmals jährlich im Monitoring hatten. Zum Anderen wird von der WHO seit ca. drei Jahren statt der international gültigen Bescheinigung über ein rattenfreies Schiff ein umfassendes Hygienekonzept gefordert.

Gar nicht so einfach, denn Infos gab´s kaum und fertige Konzepte lagen nicht vor. Der Arbeitskreis der Küstenländer und das Zentrum für Arbeitmedizin (zfam) in Hamburg konnten lediglich mit medizinischen und rettungstechnischen Arbeitshilfen aufwarten.
Das haben wir als Teil des Problems identifiziert, denn die Schiffsärzte haben sich bereits um den Sanitätsraum und die Bordapotheke gekümmert, die Stammbesatzung hat Rettungsanweisungen eingeführt, aber dennoch traten neben Unfällen, Seekrankheit und Erkältungen auch regelmäßig Durchfallerkrankungen massiv auf, deren Verbreitungswege unklar waren.

Wir haben daher eine Risikoanalyse durchgeführt. Im Zuge dessen wurde das gesamte Schiff nicht nur als potentielle Krankenstation (mit Sanitätsraum und Not-OP, Apotheke und Erste-Hilfe-Ausstattung) betrachtet, sondern zum Großhaushalt auf Zeit ernannt und eine umfassende Konzeption für Last (= Lagerhaltungsräume auf dem Schiff), Kombüse (für Landratten: Küche!), Wäsche- und Raumpflege, Trinkwasserdesinfektion, Abwasser-, Schmierstoff- und Müllentsorgung entwickelt. Checklisten, Notfallpläne, Schulungsmodule und Warnschilder für die wechselnden Besetzungen in der Kombüse sind inbegriffen.

Ach ja, ein Schädlingsmonitoring incl. Notfall-Kit (damit Kakis, Seevögel und Ratten an Bord keinen Schaden anrichten können) gehört auch dazu. Zum Nachlesen und Testen liegt alles in einem dicken Ordner vor.
Meines Wissens in diesem Umfang bisher noch nirgends eingeführt.
Interessiert? Dann bitte eine "pn" an mich, da die Benachrichtigungsfunktion nicht funktioniert.
Gruß
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#2
Wow, das klingt nach einem großen und gleichzeitig wahnsinnig interessanten Projekt!
Es wird bestimmt auch anstrengend gewesen, aber sicher auch Aspekte eröffnet haben (hast ja schon welche erwähnt), die so noch nicht betrachtet wurden in bisherigen Projekten!

Bedarf habe ich nicht an vergleichbaren Konzepten, aber es ist ja immer gut wenn man jemanden kennt, den man fragen kann!

LG
Saftschubse
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#3
Ja, aber es funktioniert nur, wenn sich vor allem die Schiffsführung daran hält und nicht - wie selbst erlebt - zu einem Familientörn auf einem Großsegler kranke Familienmitglieder mitschleppt, damit dann alle Mitsegler von "Montezumas Rache" heimgesucht werden!

Da lob´ich mir die USA. Die Schiffe, die in dortige Häfen einlaufen wollen, erleben einen Hygienecheck, der an ein Zertifizierungs-Audit der härtesten Sorte erinnert! Wenn da das Hygienekonzept nicht gelebt wird, hat man schnell die Toleranz von drei Punkten Abzug bei insgesamt 16 erreichbaren Punkten geknackt, wobei das Sicherheitskonzept incl. Gefährdungsanalyse mitgerechnet wird. Die us-amerikanischen "Schiffs-Checker" lassen nicht mal verbeulte Kochutensilien zu.

Da kann man nur sagen, dass einige LM-Betriebe (und der eine oder andere hannöversche Promi-Bäcker) doch mal eine Seereise nach USA machen sollten - das könnte vielleicht als Bildungsurlaub verbucht werden...
Gruß
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