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14 von 18 Schlachthöfen mit Mängeln - Druckversion

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14 von 18 Schlachthöfen mit Mängeln - busitrans - 22.01.2019

Nach diversen Skandalen gab es jetzt unangekündigte behördliche Kontrollen in 18 niedersächsischen Schlachthöfen, und 14 davon wiesen Mängel bei Technik und Betäubung auf, und bei einem Betrieb war die Lebensmittelsicherheit nicht mehr gegeben und durfte vorübergehend nicht mehr weiterschlachtet werden.

Dies und noch einiges andere ergibt sich aus einem ausführlichen und sehr lesenswerten Bericht und Kommentar in der Neuen Osnabrücker Zeitung, der auch überregional von Interesse sein dürfte:
https://www.noz.de/deutschland-welt/niedersachsen/artikel/1636261/unangekuendigte-kontrollen-maengel-in-vielen-schlachthoefen

Der ebenfalls dort abgedruckte Kommentar schließt ab mit dem Fazit: „zu wenig Kontrolleure und schlechte Kontrollen“.
Meiner Meinung nach ist es höchste Zeit, dass die Ministerien die Kontrollinstanzen personell massiv verstärken. Und häufige unangekündigte Kontrollen sollten eine Selbstverständlichkeit sein – die Überwachung von Lebensmittelsicherheit und Tierschutz ist immerhin eine der Kernaufgaben des Staates.

Außerdem denke ich, dass die Verbraucherpreise für Fleisch zu billig sind – sicher eine der Ursachen für die Missstände an deutschen Schlachthöfen. Die soziale Komponente (nämlich, dass sich jeder adäquat ernähren kann, sich also auch ärmere Menschen noch Fleisch leisten können) könnte der Staat sehr gut über höhere Einkommensteuersätze für Spitzenverdiener regeln, bei gleichzeitiger Entlastung ärmerer Bevölkerungsschichten – wenn er es dann wollte.


RE: 14 von 18 Schlachthöfen mit Mängeln - busitrans - 02.03.2019

Im benachbarten Frankreich scheinen ganz ähnliche Probleme zu bestehen:  Kürzlich ist ein Schlachthof von den Behörden mit sofortiger Wirkung geschlossen worden, weil die Tiere bei lebendigem Leibe und unter vollem Bewusstsein schonmal zerlegt wurden.

Hier ein Bericht (auf Französisch allerdings) in der Online-Version des „Nouvel Observateur“:

https://www.nouvelobs.com/societe/20181103.OBS4855/le-ministre-de-l-agriculture-fait-fermer-l-abattoir-bio-du-boischaut-epingle-par-l214.html

Das zugehörige Video schaut man sich besser nicht an. Neben der eklatanten Missachtung des Tierschutzes wurden offenbar auch die allerfundamentalsten Grundsätze der Hygiene missachtet (das Fleischermesser einfach mal auf den Boden gelegt und nachher weiterbenutzt, usw. – das habe ich schon am allerersten Tag meiner Ausbildung gelernt, dass man so etwas nicht macht).

Zusätzlich brisant ist der Fall dadurch, dass der betreffende Schlachthof für Bio-Fleisch zertifiziert ist (was ja auch dort im Premium-Segment der Fleischwirtschaft angesiedelt ist). Sogar ein Minister der Pariser Regierung schaltete sich ein und fordert eine permanente Überwachung von Schlachthöfen, mit der Begründung, dass die periodischen Kontrollen und Audits augenscheinlich nicht mehr ausreichen.

Meiner Meinung nach sollte die Menschheit des 21. Jahrhunderts, die sogar Sonden auf den Mars schicken kann und was weiß ich an High-Tech herbringen kann, doch in der Lage sein, eine der heutigen Zeit angemessene Schlachtung durchzuführen. Alles andere ist eine Schande für die zivilisierte Menschheit.


RE: 14 von 18 Schlachthöfen mit Mängeln - busitrans - 22.03.2019

Hier noch ein paar aktuelle Nachfolge-Artikel aus der Presse zu obengenanntem Thema (diesmal wieder Deutschland):

Die Grünen in NRW fordern einem Bericht der Westfälischen Nachrichten (18.03.19) zufolge mehr unangekündigte Kontrollen auf Schlachthöfen sowie Online-Videoüberwachung und ein 4-Augen-Prinzip bei den Veterinären:
https://www.wn.de/NRW/3708284-Ueberwachung-von-Schlachthoefen-Ruf-nach-Kontrollen-ohne-Ankuendigung

Für die unsachgemäße Betäubung der Tiere vor dem Schlachten werde in dem Antrag unzureichend eingestellte Geräte als Grund genannt, zudem müsse oft ungeschultes Personal unter Zeitdruck die Tiere töten“. 

Ähnliche Forderungen hat die CDU-Ministerin Barbara Otte-Kinast aus Niedersachsen bei einem Vorstoß im Bundesrat vorgebracht (Rundblick Niedersachsen, 14.03.19):
https://www.rundblick-niedersachsen.de/fuer-den-tierschutz-otte-kinast-fordert-noch-mehr-kontrollen-in-den-schlachthoefen/

Hier heißt es:
„Hintergrund ist eine Studie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Diese hat ergeben, dass mehr als zehn Prozent der angelieferten Tierkörper darauf hinweisen, dass die Tiere vor ihrem Tod über eine längere Zeit leiden mussten. „Bislang sieht das deutsche Recht nicht vor, dass angelieferte Tiere auf Verstöße gegen das Tierschutzrecht untersucht werden können. Das wollen wir ändern“, erklärte die Ministerin. Außerdem müsse man die Herkunft der Tierkadaver lückenlos zurückverfolgen können.“


Bereits im vergangenen Sommer kam in der Fachzeitschrift „Fleischwirtschaft“ ein entsprechender Artikel:
https://www.fleischwirtschaft.de/politik/nachrichten/Schlachthoefe-Gruene-wollen-mehr-Tierschutz-37009

Paradoxerweise gab es beim verwandten Thema Arbeitsschutz (das für die Tierschutz- und Hygieneprobleme zumindest mitursächlich sein dürfte) einen dramatischen Rückgang an Kontrollen in deutschen Schlachthöfen, wie die Süddeutsche Zeitung am 13.12. 18 berichtete - genaue Zahlen dort:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/fleischindustrie-schlachthof-kontrollen-nehmen-rapide-ab-1.4249896

Steht also zu hoffen, dass die Tierwohl- und Hygiene-Defizite zeitnah angegangen werden ...