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Dioxin und kein Ende in Sicht.... - Michael Bäuml - 06.01.2011 Dioxin im Futtermittel: Betrachtung eines Skandals Man konnte es spätestens nach Nitrofen und Gammelfleisch erahnen. Der nächste tatsächliche und nicht gefühlte Skandal rund um Lebensmittel wartet schon an der nächsten Ecke. Nun ist also Dioxin in etwa 2.700 Tonnen Futtermittel gefunden worden. Dummerweise eben aber auch schon verfüttert und das Endprodukt ist bereits im Handel oder im wahrsten Sinne gegessen. Was bei solchen Vorfällen wohl immer dazu gehört ist die Verunsicherung der Verbraucher, geschädigte und zu Recht empörte Landwirte, schockierte Politiker auf Länder-, Bundes- und EU-Ebene, inklusive dem Ruf nach schärferen Gesetzen. Die Ursache für die Verunreinigung soll im Unternehmen Harles & Jentzsch in Schleswig-Holstein liegen. Der Futtermittelzulieferer kaufte nach eigenen Angaben Reste aus der Biodieselherstellung und der Nahrungsmittelindustrie auf und verarbeitete sie zu Komponenten für die Futtermittelhersteller. Im November und Dezember lieferten Harles & Jentzsch pflanzliches Futterfett an bundesweit 25 Futtermittelhändler in NRW, Niedersachsen, Hamburg und Sachsen- Anhalt. Nach Angaben des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sollen sich in dem Futterfett technische Mischfettsäuren befunden haben, die nicht für die Verwendung in Futtermitteln, sondern für den Einsatz zur Papierherstellung bestimmt waren. Und da wären wir beim eigentlichen Skandal und der Frage, warum ein Futtermittelzulieferer Zwischenprodukte nutzt, die für sein Endprodukt schlicht nicht geeignet sind. Und dazu noch die Gefährdung von Verbrauchern in Kauf zu nehmen scheint. Die Frage, ob mehr Kontrollen nutzen, beantwortet sich bei der Betrachtung der Zertifizierungen des betroffenen Unternehmens fast schon von selbst. Laut deren Internetseite ist ihre Qualitätssicherung auf hohem Niveau: Zertifikat ISO9001:2008, Zertifikat GMP+ B2, Zertifikat HACCP und zusätzlicher Systemteilnahme bei QS. Das ist eigentlich mehr als ausreichend. Wenn man danach handelt. Eine simple Wareneingangskontrolle von entsprechend geschultem Fachpersonal hätte reichen müssen, um zu erkennen, welche Anlieferungen für welche Produktionslinien taugen und welche vor allem nicht. Das scheint nicht der Fall gewesen zu sein. Besonders brisant an diesem Fall ist auch die Tatsache, dass das Unternehmen nicht nur Futtermittelbestandteile, sondern auch technische Produkte herstellt. Entsprechend kann man hier nicht nach schärferen Kontrollen rufen sondern schlicht und einfach nach Justitia. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe hat entsprechend gehandelt und ein Ermittlungsverfahren gegen Siegfried Sievert, den Geschäftsführer von Harles & Jentzsch, sowie gegen weitere Verantwortliche des Unternehmens eingeleitet. Langfristige Konsequenzen werden auch von Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner gemeinsam mit den zuständigen Bundesländern geprüft: “Es stellt sich die Frage, ob es nicht ein zu hohes Risiko darstellt, wenn Betriebe, die Bestandteile für Futtermittel liefern, gleichzeitig technische Produkte vertreiben, die unter keinen Umständen in Lebensmittel oder Futtermittel gelangen dürfen. Es darf nicht sein, dass auf einem Betriebsgelände womöglich ein Knopfdruck genügt, um durch das Öffnen eines falschen Ventils hochriskante Stoffe, die legal lagern, illegal in Futtermittel einzumischen. Dem müssen wir einen Riegel vorschieben”, so Aigner. Die Frage nach der Haftpflicht und entsprechenden Ausfallentschädigungen für die betroffenen Landwirte wird die Gerichte sicher noch Monate beschäftigen. Quelle: Harald Seitz, aid Dioxin-Skandal: Bio keine Garantie für mehr Verbraucherschutz Vor dem Hintergrund der Medienberichte über Dioxine in der konventionellen Tierproduktion empfehlen Verbraucherschützer den Umstieg auf Eier und Fleisch aus Biohaltung. Hierbei werden die nüchternen Fakten ignoriert, wie ein Blick auf die Berichterstattung der letzten Jahre zeigt: 08.10.2004: Niederlande: Bioeier überschreiten häufig Dioxingrenzwerte 27.08.2008: Monitoring: Bio-Fleisch höher mit Dioxinen und PCBs befrachtet 17.12.2009: Bio-Freilandeier mit überhöhten Dioxin-Werten verkauft 05.05.2010: Kreis Emsland: Dioxin in Bio-Eiern 05.05.2010: Dioxin in Bio-Eiern bereits im Februar entdeckt 07.05.2010: Dioxin im Biofutter: Belasteter Mais kam seit 2009 aus der Ukraine +++ Europaweite Suche nach Dioxineiern 07.05.2010: Dioxin: Mehrere Bio-Legehennenbetriebe in NRW gesperrt 07.05.2010: Sachsen-Anhalt: Auch hier Bio-Eier mit Dioxin entdeckt +++ Untersuchungen in Brandenburg 10.05.2010: Dioxin-Mais auch an Bio-Masthühner verfüttert +++ Fleisch längst verzehrt 19.05.2010: Zuviel Dioxin: Bio-Hühner getötet, Eier beseitigt 20.12.2010: PCB und Dioxine bei Freilandrindern: WESTPOL-Beitrag jetzt online (auch Bio-Rinder betroffen) Für den Verbraucher bleibt abzuwarten, wie die Rückrufaktionen seitens der Regierung aussehen. Eine Verunsicherung und eine Kaufzurückhaltung ist natürlich schon festzustellen, aber Fakt ist auch, dass mein Händler, bei dem ich meine Eier kaufe für die einwandfreie Beschaffenheit und Genusstauglichkeit des Lebensmittels verantwortlich zeichnet. Das BFR (Bundesamt für Risikobewertung) hat in einer Stellungnahme geäußert, dass durch den Verzehr der im Handel befindlichen Eier für den Käufer keine Gefahr ausgeht. Wenn dem so ist, warum dann das ganze Theater? Irgendwie passt das nicht so ganz zusammen. Sobald es Neuigkeiten zu diesem Thema gibt werdet ihr sie hier finden. Michael Bäuml - mglass - 04.03.2011 Es ist immer wieder das Selbe: Gegen kriminelle Energie und gegen Gleichgültigkeit ist kein Kraut gewachsen, nützt kein Eigenkontrollkonzept - was soll da denn kontrolliert werden? - und ist jedes Zertifikat Makulatur. Das wissen neben Staatsanwälten auch Auditoren. Deshalb ist zu fragen, wie das Audit erlangt wurde und - falls keine Zweifel an der Rechtschaffenheit der fraglichen Audits aufkommen - wozu vorher der "Hype" mit den bekanntermaßen teuren Audits durchgeführt wird, wenn am Ende egal ist, ob ein Skandal herauskommt. Zwei Antworten: Neben Gier und Dummheit ggf. drohende Insolvenz, in manchem Fall gepaart mit Investitionsstau. Oder - und das ist immer noch erschreckend oft gegeben - der eigene Qualitätsanspruch wird im Unternehmen nicht durchgängig gelebt, sondern bestenfalls ertragen, weil irgentein Kunde ein Zertifikat verlangt. Da muss nur an entscheidender Stelle jemand sitzen, dem die geforderte Qualität am Hintern vorbeigeht und dann ist die Sache zum Scheitern verurteilt - QM hin oder her. Zitat:Das BFR (Bundesamt für Risikobewertung) hat in einer Stellungnahme geäußert, dass durch den Verzehr der im Handel befindlichen Eier für den Käufer keine Gefahr ausgeht. Sicher, das einzelne Ei stellt keine definierbare Gefahr dar - es sei denn, man hat mit Zyankali, Arsen etc. erfolgreich gegen das Wiederkommen seiner Kunden angearbeitet... Interessant ist aber das Stichwort "Summenbildung", denn niemand weiß, in welchen Zusammensetzungen das Ei weiterverarbeitet wird, wie es der Endverbraucher verwendet und in welcher Form er es wie oft konsumiert (Die Ernährungsempfehlung lautet: Nicht mehr als zwei Eier pro Woche - aber wer kennt die schon und hält sich daran?). Spannend wird die Sache beim Stichwort Rezeptur. Ein einfaches, oft konsumiertes Beispiel: Ei in Panade um Geflügel-Cordon Bleu mit Schweinekochschinken- und Käsefüllung, dazu Salatbeilage. Ei, Geflügelfleisch und Kochschinken stellen dann eine andere Gefährdungsklasse dar, wenn wir einmal annehmen, dass alle genannten Produkte mit Hilfe der o. g. Futtermittelfirma kontaminiert wurden. Hinzu kommen Pestizidrückstände und Schmiermittelreste auf der Salatbeilage... Außerdem wissen wir nicht, wie sich die identifizierten Fettverunreinigungen im Körper anlagern - besonders bei Körpern mit hohem Fettpolsteranteil ist das problematisch (ich meine nicht nur Übergewichtige, sondern vorallem Säuglinge, deren Körperfettanteil exponential höher liegt). Das kann man für Rezepturen wie für Fettaufnahmeverhalten beliebig weiterdenken und darin liegt das Problem. Meine Einschätzung: Dass die Ministerin reagiert hat, ist zu begrüßen. Die Frage ist, ob sie das Richtige veranlasst hat - dafür hat sie ihre Experten. Aber auch die Wege zur Qualitätsverbesserung müssen als solche diskutiert werden, denn ein Zertifikat bedeutet eben keine absolute Sicherheit - hier war es das Papier nicht wert, auf dem es ausgestellt wurde. Und wir leisten kriminell motivierten Taten nur Vorschub, wenn wir als Fachleute hier lediglich die angebliche "Spinnerhaftigkeit" von Behörden andeuten. Wo kommen wir denn da hin? - LuxQM - 05.03.2011 Ich frage mich, wie denn das ganze passiert sein kann. Aktuell führe ich bei einer Packstelle IFS5 und die KAT-Zertifizierung ein und sehe die Probenhäufigkeit nicht nur der Packstelle, sondern auch der Lieferanten und Futtermittelbetriebe. Ein Blick in die KAT-Richtlinien/Reglements reicht aus, um zu sehen, wie häufig alles beprobt werden muss. Denke, dass dieses eigentlich ausreichen müsste und hoffe gleichzeitig, dass es der Kunde würdigt, denn die Kosten der o.g. Packstelle sind enorm! Was ich aber absolut fragwürdig halte ist: Zitat:Eine simple Wareneingangskontrolle von entsprechend geschultem Fachpersonal hätte reichen müssen, um zu erkennen, welche Anlieferungen für welche Produktionslinien taugen und welche vor allem nicht. Wareneingangskontrolle != Dioxin/PCB/etc. -Untersuchung! |