Moralhazard - Druckversion +- Fklmh e.V. (https://wissensdatenbank.fklmh.de) +-- Forum: FKLMH-Bistro (https://wissensdatenbank.fklmh.de/forumdisplay.php?fid=66) +--- Forum: Off-Topic (https://wissensdatenbank.fklmh.de/forumdisplay.php?fid=80) +--- Thema: Moralhazard (/showthread.php?tid=3000) |
Moralhazard - Moralhazard - 08.01.2009 Ich darf mich vorstellen: Mein Name “ Moralhazard“ Ich bin ein moralisches Wagnis, ein Risiko, welches ich eingehe, um ein Lebensmittelgesetz, eine Verordnung oder eine Vorgabe der Behörde zu umgehen. Das mache ich nicht aus „Jux und Dollerei“, neiiiiin, es geht hier einfach darum die unterschiedlichen Interessen aufzuzeigen. Es liegt doch in der Natur der Sache, dass ich beispielsweise als Lebensmittelunternehmer andere Interessen habe als die Überwachungsbehörde. Der Kunde hat ja auch andere Interessen als sein Verkäufer. In der Praxis gehen also immer häufiger Akteure aus unterschiedlichsten Bereichen der Nahrungsgewinnung, Lebensmittelherstellung und auch des Vertriebs „mich“ ein. Die Risikobereitschaft meines Chefs mich einzusetzen, um zu seinem eigenen Vorteil gegen geltendes Recht, gegen Verordnungen und auch gegen die Auflagen der Überwachungsbehörden zu verstoßen, wird immer größer, je höher der anscheinende Gewinn sein wird, den mein Chef erzielt, wenn er mich einsetzt. Ja und ihr könnt mir glauben, dass ist so einiges. Hinzu kommt, dass es ja auch gar nicht schwer ist mich einzusetzen. Was kann einem denn schon passieren? Kommt mir nicht mit moralischen Aspekten, dagegen bin ich ja immunisiert. Die Behörde? Pah, da lach ich doch. Die kommen und fragen meinen Chef nach Dokumenten, wo beispielsweise drauf steht, dass die Arbeiter geschult wurden. Und ? Dann machen wir halt Papier schwarz, oder ist Euch schon mal passiert, dass die Überwachungsbehörde die Mitarbeiter getestet hätten, ob sie Sach- und Fachkenntnisse besitzen? Bei den Erstbelehrungen sitzt Du mit 5 Nationen, unterschiedlicher Sprachkenntnisse beim Gesundheitsamt und siehst einen Film. Danach zahlen und Aushändigung Zertifikat. Die Hälfte der Leute hat nicht mal die Sprache verstanden, geschweige denn das was dort vermittelt werden sollte. Auch ISO 900 ff, HACCP, IFS, BRC usw. können wir alles machen. Die Produktionskette läuft, alle Geräte funktionieren einwandfrei, wir haben es protokolliert und auch untersuchen lassen. In einem anscheinend unabhängigen Labor (natürlich zahlen wir für die „Unabhängigkeit“). Liebe Forengemeinde des Fachkreises Lebensmittelhygiene e.V. längst habt ihr bemerkt, dass ich mit meinen Beitrag provozieren möchte. Ich möchte zum Nachdenken aufrufen. Wo soll dieser Regelungsmarathon noch hinführen, wenn auf der anderen Seite zu geringe Konsequenzen aus Fehlverhalten resultieren. Diese Konsequenzen benötigen wir aber, um Katastrophen, wie beispielsweise in China (Melaminskandal) geschehen, zu verhindern. Sechs Kinder starben, dreihunderttausend sind erkrankt, viele tausende sehr schwer. Was meint Ihr sollte es eine „Wesensprüfung“ oder einen „Moralhazard“ für Lebensmittelunternehmer geben und wenn ja, wie sollte/könnte dieser dieser aussehen? Wie immer Ihr Euch auch entscheidet, einen Schritt seid Ihr den anderen ab schon voraus. Ihr habt Ihn seid heute schon, Euren Moralhazard - Michael Bäuml - 09.01.2009 Hallo Moralhazard, Hallo zusammen, sicherlich ein provozierender und dennoch sehr gut geschriebener Bericht von Moralhazard, denn ich auf das herzlichste in unserm Forum begrüße. Du hast recht es scheint wirklich so, dass Gewinnoptimierung und Moral im Lebensmittelbereich oft nicht zusammenpassen. Aber wir als Fachkreis können auch nur den Lebensmittelbetrieben unsere Hilfe anbieten, die sie auch wollen. Es wird und hat schon immer „Schwarze Schafe“ gegeben, die wie von dir beschrieben, vorsätzlich gegen geltendes Recht verstoßen um es sich entweder „einfacher“ zu machen oder den Ertrag zu erhöhen. Was die Schulung und Belehrung angeht stimme ich dir zu. Es darf nicht sein, dass man sich, ohne ein Wort zu verstehen, 30 Minuten in einen Raum setzt und mit einer Erstbelehrung nach den IFSG nach Hause geht. Die Amtssprache und somit auch die Sprache der LMK ist in unserem Lande deutsch, deshalb sollte das Sprechen bzw. das Verstehen der Sprache auch Voraussetzung sein, um einen Lebensmittelbetrieb zu eröffnen. (Dies ist meine Meinung und nicht die des Fachkreises, weiter ist diese Aussage keineswegs rassistisch ausgelegt oder hat das Ziel andere Mensche zu benachteiligen) Nur wer weiß und versteht, was das Gesetz von uns will kann es auch umsetzen. Zum Thema umsetzen: Die Mehrzahl der der Lebensmittelunternehmer kennen und tragen ihre Verantwortung sowohl ihren Kunden als auch ihrem Betrieb gegenüber. Lieber Moralhazard, wir der Fachkreis werden genau diese Unternehmer weiter unterstützen, dass durch dich keine Gefahr ausgeht. Danke, dass du uns dafür mal wieder die Augen geöffnet hast Viele Grüße Michael Bäuml - mglass - 27.01.2009 Hi Moralhazard, in allen Punkten hast du meine Zustimmung und es ist aus Verbrauchersicht oft noch schlimmer als von dir beschrieben, denn in Sachen Qualität wird seitens der Anbieter zu oft auf Hygiene als einzigem Qualitätsmerkmal geschaut - ja, das kommt tatsächlich vor - aber die sonstigen Qualitätsmerkmale wie Handhabbarkeit der Verpackung, Geschmack etc. bleiben noch häufiger auf der Strecke. Ein Versuch der Stiftung Warentest hat z. B. gezeigt, dass die neuen hygienischen Verpackungen von Senioren oft nicht so geöffnet werden können, dass sie hinterher wieder verschließbar sind. Weil die älteren Herrschaften sich nicht zu helfen wussten, griffen sie zu Werkzeugen, die die Verpackungen komplett unbrauchbar machten: Schere und Dosenöffner. Was nützt ein hygienisches Spitzenprodukt, wenn´s zu dem gar nicht schmeckt? Ich ärgere mich z. Zt. diesbezüglich über blinde Flecken bei einer großen Handelskette mit "R", die bei uns in allen angeschlossenen Supermärkten ein hervorragendes Kartoffelpüree aus heimischer Produktion gegen einen "Papp-Kameraden" ausgetauscht hat. Der Clou: Das neue Produkt ist zwar um zwei Cent billiger, aber farblich (weißes Kartoffelpüree!) und geschmacklich (erinnert an Tapetenkleister) grottenschlecht. Das teurere Produkt mit "Pf" im Namen ist keine Alternative, denn das Regionalprodukt schlug beide geschmacklich um Längen und war oft ausverkauft, während die beiden anderen im Regal stehen bleiben. Was sind Zertifikate wie QS, verpackungstechnische Ingenieursleistungen und die gesamte Hygienekette inkl. behördlicher Aufsicht und Mitarbeiterschulungen wert, wenn das Ergebnis den Kundenanforderungen an den - hier kartoffelbreitypischen - Geschmack oder die Handhabung nicht gerecht wird? Schade, dass einige Einkäufer offenbar nicht rechnen können, denn solche Produkte führen zu sinkendem Absatz und steigender Kundenunzufriedenheit (wohl gemerkt: billig im Sinne des Anbieters ist nicht gleich preis-wert für den Kunden). Für wie dumm wird der Kunde gehalten? Kann sich das eine Firma in Zeiten wirtschaftlicher Rezession eigentlich leisten? |